Konzept
Das Ausstellungskonzept „Die Grüne Bühne“ zeigt die Vielfalt des nachhaltigen Engagements in Stuttgart und regt an, selbst aktiv zu werden. „Die Grüne Bühne“ war vom 20.06. - 01.07.2024 als Proof-Of-Concept im Reallabor der Stadt Stuttgart in der Königstraße 1A zu erleben und kann hier noch digital nachempfunden werden. Digitaler Bestandteil des Konzepts ist auch die interaktive Grüne-Bühne-Karte, auf der sich nachhaltige Initiativen und Aktionen in Stuttgart und der eigenen Nachbarschaft entdecken lassen.
Erasmus+ Projekt HEIsCITI
Das Konzept „Die Grüne Bühne“ ist ein Ergebnis des Erasmus+ Projekts HEIsCITI, welches durch die EU gefördert wird und wurde von Studierenden der Hochschule der Medien (HdM) Stuttgart im Rahmen der Lehrveranstaltung „Participation Management“ entwickelt. Ausgangspunkt war die Frage, wie sich leerstehende Gebäudeflächen in der Stadt Stuttgart mit Bürgerbeteiligung zwischennutzen lassen. Im internationalen Austausch mit den teilnehmenden Partneruniversitäten haben die Studierenden Techniken der Bürgerbeteiligung, und der Ideenentwicklung erworben. Um die Bedürfnisse der Stadt kennenzulernen, haben die Studierenden in Fokusgruppen gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern Probleme im Themengebiet Nachhaltigkeit und Gesellschaft identifiziert. Schließlich wurden Methoden des Design-Thinkings und des Storytellings angewandt um das Konzept „Die Grüne Bühne“ zu entwickeln – eine Art Nachhaltigkeitsmesse, die in leerstehenden Gebäudeflächen stattfinden kann.
Identifizierte Probleme
Aus Gesprächen mit BewohnerInnen Stuttgarts haben sich im Themengebiet Nachhaltigkeit und Gesellschaft die folgenden Probleme herausgestellt:
- Die Auto-zentrierte Gestaltung des öffentlichen Raums ist ein Hemmnis für den Umstieg auf Fahrrad oder die eigenen zwei Füße.
- Neben der Verkehrssituation machen auch fehlendes Grün besonders abseits der Fußgängerzonen das Gehen zu Fuß unattraktiv und an heißen Sommertagen zunehmend unerträglich.
- Das Aussterben des Einzelhandels zugunsten des Onlinehandels führt in einen Teufelskreis, wobei das lokale Einkaufen immer unattraktiver wird.
- Verstärkt durch Online-Medien und Social-Media begegnen sich die Bürgerinnen und Bürger weniger im öffentlichen Raum. Die Gesellschaft zersplittert in sich kaum durchmischende Bubbles und man kennt seine Nachbarschaft nicht mehr.
Bei der genaueren Recherche stellt sich allerdings heraus, dass die Bürgerschaft Stuttgarts für alle diese Probleme bereits Lösungen parat hat. Es existieren eine Vielzahl an Initiativen, Veranstaltungen, Aktionen und Unternehmen gibt, die hier auf eine nachhaltige Transformation hinwirken:
- Raddemos, Schulwegchecks und Bürgerbegehren für eine sicheres Radverkehrsnetz
- Urban Gardening, Wanderbäume und Modellstraßen
- Regionale Wertschöpfungsketten, Solidarische Landwirtschaft, lokales Online-Shopping, Unverpackt-Läden, Foodsharing
- Straßenfeste, offene Fahrradwerkstätten und Repair-Cafes
Im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern fällt jedoch auf, dass selbst Personen, die schon viele Jahre in Stuttgart wohnen und die oben genannten Probleme beschreiben oft nichts von diesen Initiativen mitbekommen und nicht wissen, wie sie sich selbst einbringen können. In dieses Bild passt der Eindruck von bereits aktiven Bürgerinnen und Bürgern, bei verschiedenen Aktionen immer wieder der selben Hand voll Akteuren aus der eigenen Bubble zu begegnen.
Handlungsempfehlungen an die Stadt Stuttgart
Das Konzept „Die Grüne Bühne“ ist ein Vorschlag an die Stadt Stuttgart, wie sich einerseits leerstehende Gebäudeflächen sinnvoll nutzen lassen und zugleich Bürgerinnen und Bürger in ihrem nachhaltigem Handeln zu stärken und zu unterstützen. Das gelingt, indem ein Bewusstsein für die kollektive nachhaltige Transformationskraft geschaffen wird: Die Ausstellung zeigt anhand von Erfolgs-Stories die Vielfalt des bereits existierenden Nachhaltigkeits-Engagements in Stuttgart. Sie fördert den Austausch und die Vernetzung mit bereits aktiven Menschen und senkt die Hürden, selbst aktiv zu werden.
Existierendes Engagement Verstärken
Um dem bereits bestehenden Interesse an Transformationsprozessen der Nachhaltigkeit entgegenzukommen, empfehlen wir, das Bewusstsein derjenigen Bürger und Bürgerinnen zu stärken. Bei der Vorbereitung und Ausführung der Grühne Bühne-Ausstellung haben wir festgestellt, wie sehr uns das Projekt selbst vorangebracht hat, indem es Inspirationen ausgelöst und Möglichkeiten für ein weiteres persönliches Engagement aufgezeigt hat. Trotz vorhandenem Committments zu diesem Thema haben wir als Orga-Team selbst neue Erkenntnisse gewonnen und Kontakte in der Szene geknüpft. Diese Wirkung nach Innen war im Konzept nicht explizit vorgesehen, zeigt aber, dass es Gewinn bringen könnte, Bürgerinnen und Bürger auch bei der Vorbereitung und Ausrichtung von Grünen-Bühne-Ausstellungen einzubeziehen.
Insgesamt hat das Pilotprojekt in der Königstraße 1A gezeigt, wie wichtig es ist, auch die Menschen zu erreichen, die bereits ein Grundinteresse zu einer persönlichen, nachhaltigeren Ausrichtung haben, aber noch nicht ausreichend vernetzt sind. Hierzu sollte die Sichtbarkeit von bereits aktiven Initiativen und Unternehmen deutlich erhöht werden.
Bürgerinnen und Bürger Aktivieren
Neben der Stärkung von bestehendem Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger ist es ebenso wichtig, die Nachhaltigkeits-Transformation insbesondere den Menschen näher zu bringen, die mit dem Thema bisher kaum oder keine Berührungspunkte haben. Um diese Zielgruppe zu erreichen, sehen wir in der Bespielung von Schaufensterflächen das größte Potential. Diese Erkenntnis hat das Grüne-Bühne-Pilotprojekt in der Königstraße 1A gezeigt, wo trotz der zentralen Lage und einer potenziell großen Laufkundschaft nur wenige Menschen die Austellungsräume auch betreten haben. Mehr Aufmerksamkeit haben die Austellungsstücke nahe der Fenster auf sich gezogen und sogar zu Kontaktaufnahmen mit den teilnehmenden Austellern geführt. Zugleich ist eine reine Schaufensterausstellung durch die geringeren Nutzungskosten und die kleinere zu bespielende Fläche deutlich leichter umsetzbar. Besitzer von Leerständen haben durch die nur passive Nutzung weniger bürokratische Hürden, ihre Flächen zur Verfügung zu stellen. Mit der Schaufensterausstellung ist außerdem eine Co-Nutzung der dahinter liegenden Flächen für kommerzielle oder gemeinnützige Zwecke weiterhin möglich.
Je nach Standort der Ausstellungsfläche könnten die jeweils lokal relevanten nachhaltigen Initiativen und Unternehmungen im Fokus stehen, um den Menschen in ihrem eigenen Stadtteil naheliegende Wege zu bieten, nachhaltig aktiv zu werden. So lässt sich nachhaltiges Engagement niederschwellig in den Alltag, bspw. den Nachhause-Weg, integrieren.
Die Grüne Bühne im Digitalen Raum
Für die Bürgerinnen und Bürger empfiehlt sich eine Kartierung des nachhaltigen Engagements auch im digitalen Raum. Eine zentrale, von der Stadt Stuttgart betriebene Website wäre hierfür geeignet, die in Form einer Karte die in der Nähe gelegenen Möglichkeiten des nachhaltigen Engagements anzeigt. Unsere interaktive Grüne-Bühne-Karte kann hierfür als Inspiration dienen. Beinhalten könnte diese zeitnahe Termine und Treffpunkte für Repair-Cafés, Radwerkstätten und Workshops, sowie Standorte von Foodsharing-Fairteilern, Unverpackt-Läden, Fahrradstraßen und Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme. Beim Pflegen des Datensatzes bietet es sich an, die Akteure selbst mit einzubeziehen. Weitere schon existierende Plattformen wie foodsharing.de oder reparatur-initiativen.de können hier als Vorbild dienen, oder eine Möglichkeit zur Daten-Kooperation darstellen.
Um die Organisation von Grüne-Bühne-Ausstellungen zu erleichtern, sollte die Stadt zudem ein Portal bereitstellen, das eine Übersicht über zur Verfügung stehende Schaufensterflächen in den verschiedenen Stadtbezirken beinhaltet. Außerdem sollte ein Anreiz für Flächenanbieter – etwa mit einer Subvention – geschaffen werden, ihre Flächen auf der Plattform zu registrieren.